Ceux qui travaillent

Antoine Russbach, Schweiz, Belgien, 2018o

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Der fünffache Familienvater Frank hat sich zum gut bezahlten Disponenten für Frachtschiffe hochgearbeitet und ist Tag und Nacht für die Firma da. Nachdem er in einer Stresssituation einen kriminellen Entscheid erwirkt hat, sieht er sich plötzlich auf die Strasse gestellt und verheimlicht dies vorerst seinem Umfeld. Während er alles daran setzt, schnellstmöglich eine neue Stelle zu finden und den gewohnten Lebensstandard zu wahren, bekommt er die Zwänge des Wettbewerbs und die Entfremdung von seiner Familie immer beklemmender zu spüren.

Der Preis für den besten Schweizer Spielfilm des Jahres kam Ende März 2019 arg spät für den Genfer Newcomer Antoine Russbach. Das Filmfestival Locarno hatte seinen grossartigen ersten Langspiefilm schon im Vorsommer in einer Nebensektion versenkt, und beim Kinopublikum ging seine Klasse in der Masse mittelmässiger Arthousefilme, welche die Kinos jahraus jahrein fluten, weitgehend unter: Wer will schon einen Film über den Arbeitsalltag eines hart gesottenen Managers sehen, der zurecht den Job und dann den Boden unter den Füssen verliert? Doch Ceux que traivaillent bringt wie kein anderer Film der jüngsten Zeit auf den Punkt, woran die entfesselte Wettbewerbsgesellschaft krankt. Mit eindrücklicher Milieukenntnis und einer makellosen Crew verzeichnet Russbach zunächst gnadenlos trocken, wie jemand, der selbst keine Pardon kannte, zum Verstossenen und Verstockten, Bewerber und Bittsteller wird. Ein kleines Kabinettstück an subtiler filmischer Poesie ist zudem das Schlussdrittel, in dem Russbach die Realität fast unmerklich aus den Angeln hebt und die Fabel zur Parabel über den Preis macht, den wir für den Wohlstand zu zahlen bereit sind. Höchste Zeit für die Entdeckung dieses grossen kleinen Films, der alle unsere Hoffnungen auf die übliche Läuterungsdramaturgie gewieft unterläuft.

Andreas Furler

Was im Beschrieb klingt wie noch ein Film über einen Manager in der Krise, erweist sich als grossartige, subtile Studie darüber, was der Kapitalismus aus uns macht. Ein überragender Olivier Gourmet belebt die Hauptfigur in all ihren Widersprüchen. Sein Frank Blanchet ist unerträglich, aber als einziger ehrlich zu sich selber. Mit seinem ersten Spielfilm ist dem Genfer Antoine Russbach ein Meisterwerk gelungen.

Jean-Martin Büttner

Face au désarroi de cet homme taiseux et réservé, Antoine Russbach nous livre une mise en scène glaçante, sans artifice, lui qui utilise sa caméra au plus près du visage de son acteur principal pour en souligner toute l’opacité du rôle. À vrai dire, Olivier Gourmet n’a pas besoin de dire grand-chose pour nous bouleverser. Pourtant fictif, Ceux Qui Travaillent transpire toute la férocité actuelle du monde du travail. À défaut de paraître parfois minimaliste, ce premier film marque par l’aspect juste et implacable de ses propos, rendus d’autant plus forts par l’interprétation d’Olivier Gourmet.

La Rédaction

Ceux qui travaillent est un film esthétiquement éthéré et cruel, presque irréel, où l'image d'une Genève de carte postale s'unissent à des fragments entrevus d'open spaces hypermodernes et déshumanisés. Frank, magistralement interprété par Olivier Gourmet, l'antihéros de cette histoire à bien des égards tragique, mais aussi et surtout extrêmement réaliste, est parfaitement mimétique de ce décor à la beauté aseptisée. Ceux qui travaillent est un film puissant qui fait réfléchir à l'absurdité d'un monde qui n'accepte que la réussite, mais à quel prix !

Muriel Del Don

Galerieo

Tages-Anzeiger, 08.10.2018
Dieser Film zeigt, was der Kapitalismus mit Menschen macht

In «Ceux qui travaillent» wird ein Genfer Trader entlassen und erkennt, wer er wirklich ist. Dieses Schweizer Erstlingswerk ist ein Meisterwerk der Subtilität.

Von Jean-Martin Büttner

Frank Blanchet, sensationell gespielt vom belgischen Starschauspieler Olivier Gourmet, beginnt jeden Tag mit denselben Ritualen. Zuerst duscht er sich kalt ab, dann macht er Kaffee für seine Frau und seine Kinder, weckt die Kinder abrupt, steigt in sein Auto und fährt von seiner Villa im Grünen in das graue Genf und dort in sein Büro hoch.

Frank arbeitet als Trader. Er handelt mit Schiffen, genau genommen mit ihrer Fracht. Noch während sie ihre Ladung von Beirut, Kairo, Istanbul oder sonst woher nach Marseille schaffen, verkauft Blanchet die Ladung am Telefon weiter. Er arbeitet im oberen Kader der Firma, er ist tüchtig, aber aufbrausend, kompetent, aber besserwisserisch. Seine Kollegen bewundern seine Fähigkeiten, mögen aber seine Persönlichkeit nicht. Blanchet, ein harter Typ, ist das egal. Er ist nicht dort, um geliebt zu werden. Er macht Geld.

Seine Tochter erinnert ihn daran, wer er einmal war

Dann trifft er einen Entscheid, der moralisch nicht zu rechtfertigen ist, obwohl er ihn selbst kaltlässt. Seine Vorgesetzten, die kein bisschen besser sind als er, nehmen den Fehler zum Anlass, um ihn loszuwerden. Wie alle Geschäftsleute, die Tag und Nacht an ihre Arbeit denken und für ihre Familie und sich selbst keine Zeit mehr finden, wirft die Entlassung Frank aus dem Konzept.

Seiner Familie macht er vor, immer noch zu arbeiten, denn die ist sein Geld gewohnt, die Frau hat Wünsche, die Söhne haben Forderungen. Aber eine neue Stelle ist nicht in Sicht, es kommt Frank vor, als sei er für alle radioaktiv geworden. Die einzige Person, die unbeirrt zu ihm hält, ist seine Tochter Mathilde. Sie erinnert ihn daran, wer er einmal war.

Je länger der stille, auf grossartige Weise subtile Film des Genfer Regisseurs Antoine Russbach andauert, desto offensichtlicher wird sein Leit­motiv: «Ceux qui travaillent» macht vor, was der Kapitalismus mit den Menschen macht. Das gilt selbst für Franks Familie, die sein Verhalten ablehnt, aber nicht auf den Luxus verzichten will, den er ihr garantiert. Wie der Reichtum die Menschen verhärtet: Frank Blanchet, der Täter, erkennt es als Einziger, weil er auch sich selbst nicht schont. Wird er deswegen sein Leben ändern?

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Neue Zürcher Zeitung, 02.10.2018
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Tages-Anzeiger, 29.04.2019
«Ich erzähle eine Fabel»

Von Pascal Blum

Sie zeigen sehr gut den Stress, dem Frank als Mitarbeiter in einer Tradingfirma ausgesetzt ist: Er kommt sehr früh ins Büro, die Putzequipe ist noch immer da. Hat das für Sie viel mit der Geschäftswelt von Genf zu tun?

Frank ist ja sehr schweizerisch. Er ist früh wach, wie ein Bauer, er glaubt, er verdient, was ihm zusteht. Das ist aber ein Mythos. Ein Bauer ist er schon, nur einer, der von mächtigeren Leuten in einem grösseren Spiel verschoben wird.

Und wie läuft dieses Spiel?

Es gibt in Genf so manche White-Collar-Typen, die denken, sie seien Könige, weil sie einen Porsche Cayenne fahren. Dabei merken sie nicht, dass auch sie ausgebeutet werden. Die Entfremdung funktioniert bei ihnen einfach anders: Sie glauben, sie seien frei, aber sie haben längst die Interessen der Firma als ihre eigenen übernommen. Es ist eine heimtückische Sache, dass Leute plötzlich denken, sie müssten für ihre Firma alle möglichen Dinge erledigen.

Haben Sie bei Tradingfirmen recherchiert?

Ich habe mit Leuten geredet, die für grosse Konzerne Cargoschiffe chartern. Das ist das, was Frank im Film tut. Es ging mir aber nicht um Journalismus, sondern um eine narrative Realität. Ich erzähle eine Fabel aus dem Konsumismus.

Eine Fabel?

Ich habe mich gefragt: Wer ernährt uns heute? Dann kam ich auf die Idee, die Logistikrouten zu studieren, entlang derer Lebensmittel verfrachtet werden. So fand ich einen Weg, um konkret vom Kapitalismus zu erzählen und vom moralischen

Dilemma, das sich Frank in diesem Geschäft irgendwann stellt.

«Ceux qui travaillent» ist Ihr erster Spielfilm. Ging das leicht?

Es war alles schwer, das Schreiben, der Dreh. Das Schwierigste war aber, das nicht aus den Augen zu verlieren, was das Projekt einzigartig macht. Es gibt immer Kräfte, die wollen, dass alles Mittelmass wird. Wie stark man diese Kräfte bekämpfen kann: Daran kann man ablesen, ob man erfolgreich war.

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Branchés culture, 11.10.2018
© Alle Rechte vorbehalten Branchés culture. Zur Verfügung gestellt von Branchés culture Archiv
cineuropa.org, 07.08.2018
© Alle Rechte vorbehalten cineuropa.org. Zur Verfügung gestellt von cineuropa.org Archiv
Le Temps, 08.09.2017
© Alle Rechte vorbehalten Le Temps. Zur Verfügung gestellt von Le Temps Archiv
Olivier GOURMET et Antoine RUSSBACH : "Ceux qui travaillent"
Patrick Simonin / TV5 Monde
fr / 04.10.2018 / 7‘59‘‘

Entretien avec le réalisateur Antoine Russbach
Vincent Adatte / Festival du Film Français d'Helvétie
fr / 16.09.2018 / 5‘0‘‘

Olivier Gourmet et Antoine Russbach sont les invités de Vertigo.
Von Vertigo / Vertigo
fr / 18‘18‘‘

Filmdateno

Synchrontitel
Those Who Work EN
Genre
Drama
Länge
102 Min.
Originalsprachen
Französisch, Englisch
Wichtige Auszeichnungen
Schweizer Filmpreis 2019: Bester Spielfilm
Bewertungen
cccccccccc
ØIhre Bewertung7.3/10
IMDB-User:
7.0 (908)
Cinefile-User:
7.8 (19)
KritikerInnen:
8.2 (5) q

Cast & Crewo

Olivier GourmetFrank
Adèle Bochatay Mathilde
Antoine RussbachRegie
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Bonuso

iGefilmt
Olivier GOURMET et Antoine RUSSBACH : "Ceux qui travaillent"
TV5 Monde, fr , 7‘59‘‘
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Entretien avec le réalisateur Antoine Russbach
Festival du Film Français d'Helvétie, fr , 5‘0‘‘
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gGeschrieben
Besprechung Tages-Anzeiger
Jean-Martin Büttner
s
Interview mit Hauptdarsteller Olivier Gourme
Neue Zürcher Zeitung / Urs Bühler
s
Interview mit Antoine Russbach
Tages-Anzeiger / Pascal Blum
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Besprechung Branchés culture
CinéJulien
s
Besprechung cineuropa.org
Muriel Del Don
s
Interview Pauline Schneider
Le Temps / Virginie Nussbaum
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hGesprochen
Olivier Gourmet et Antoine Russbach sont les invités de Vertigo.
Vertigo / fr / 18‘18‘‘
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